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Persönliche Gedanken zum „Freitesten“

By Barbara Wimmer on 3. Januar 2021 0 Comments

In Österreich soll man bald bestimmte Erleichterungen erlangen, wenn man sich „Freitesten“ lässt. Dafür will die Regierung eigens das Gesetz ändern und versucht diese Änderungen gerade mit einer nur dreitägigen Begutachtungsfrist über die Silvesterfeiertage durchzudrücken. IT-Probleme verhinderten am vorletzten Tag allerdings, dass man Stellungnahmen einreichen konnte.

Mediziner warnen immer wieder vor dem Prinzip des „Freitestens“ mit den eingesetzten Antigentests. Was nämlich bisher kaum kommuniziert wurde und was die Mediziner wissen: Antigentests werden erst bei einer relativ hohen Viruslast positiv und erfassen damit Infizierte nicht, deren Infektion erst am Beginn steht.

Antigen-Tests als „Blackbox“ bei Gesunden

Damit unterscheiden sich Antigentests von PCR-Tests, die bereits zwei Tage vor Ausbruch einer Covid-19-Erkrankung diese mit einer hohen Wahrscheinlichkeit erkennen können. Antigentests sind gut darin, Erkrankte, die bereits Symptome haben, zu identifizieren.

Hat sich jemand also gerade frisch angesteckt, erkennt der Antigen-Test die Covid-19-Erkrankung eigentlich erst dann so richtig, wenn jemand erste Symptome aufweist. Somit macht ein Test bei Personen, die sich völlig gesund fühlen, nur relativ wenig Sinn. Die Antigen-Tests wurden ursprünglich auch nur für den Zweck entwickelt, um Erkrankte schnell aus dem Verkehr zu ziehen – damit diese nicht tagelang auf ein Ergebnis warten müssen, sondern innerhalb von 15 Minuten wissen, dass sie an Covid-19 erkrankt sind.

Ein Zitat aus dem Standard vom 24.11.2020: „Günter Weiss, Innsbrucker Infektiologe und Direktor der Universitätsklinik für Innere Medizin, der selbst in der Taskforce sitzt, sagt. Ob und wie die Tests auch bei Menschen ohne Symptome anschlagen, sei weitgehend eine „Blackbox“.“

Mir wurde nun kürzlich ein Beispiel zugetragen von einer Person, die mit einem Infizierten in Kontakt (also K1) war, sich vor Weihnachten testen hat lassen mit einem Antigen-Test. Dieser war negativ und die Person fuhr im Anschluss zur Familie. Wenige Tage danach brachen Symptome aus.

Man könnte jetzt schimpfen: Verantwortungslos. Es weiß doch jeder, dass Covid-19 eine Inkubationszeit von bis zu 14 Tagen hat. Als K1 hätte er nie mit anderen in Kontakt treten dürfen. Stimmt, als K1 (Kontaktperson 1), so die Annahme, weiß man mittlerweile, wie man sich verhalten soll: Zu Hause bleiben und sich für 10 Tage in Quarantäne begeben. Auch ohne behördliches „Contact Tracing“.

Gefühl der falschen Sicherheit

Wenn allerdings von der öffentlichen Seite kommuniziert wird, dass man sich bald „Freitesten“ kann, bald das Wirtshaus besuchen, oder eine Kultur-Veranstaltung, mit einem negativem Testergebnis in der Tasche, führt dies dazu, dass sich immer mehr Menschen in falscher Sicherheit wiegen und die anderen Regeln, die wir in den vergangenen Monaten gelernt haben, plötzlich ignorieren oder vergessen. Selbst der Satz „Das ist nur eine Momentaufnahme“ – hilft hier nicht viel, weil sich die wenigsten darunter etwas vorstellen können.

„Freitesten“ wird, wie das Beispiel zeigt, dazu führen, dass Menschen sich wieder argloser im öffentlichen Raum bewegen werden, die Maßnahmen nicht mehr so ernst nehmen, sich sorgenfrei verhalten – in einem falschen Glauben, dass das „negative“ Testergebnis in ihrer Tasche sie schützt. Dabei wurde der Test eigentlich zu einem völlig anderen Zweck entwickelt – Menschen mit Symptomen schneller zu untersuchen.

Der große Teil der Bevölkerung hat aber nicht schnell mal eine Ausbildung zum Epidemiologen gemacht und kann nur dem vertrauen, was kommuniziert wird. Meiner Meinung nach bewegen wir uns daher in eine falsche Richtung. Es wird dadurch ein Bild der vermeintlichen Sicherheit geschaffen, das diese Tests eigentlich laut Medizinern gar nicht hergeben.

Wer sich einen guten Überblick verschaffen möchte über die Grundlagen zu Corona und Covid-19, und was die unterschiedlichen Tests wirklich können, empfehle ich diesen Talk von Dr. Elisa Stein vom „Remote Communication Congress“. (Bemerkung am Rande: Sie erklärt übrigens auch, warum wir so wenig von Virologinnen hören zu dieser Causa.)

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